Eine besondere Kategorie unter den deutschen Gaffelschonern bildeten die scharfgebauten Lotsenschoner der Nordseeküste. Weit vor den Häfen von Elbe, Weser, Jade und Ems kreuzten sie bei jeder Witterung und zu jeder Jahreszeit Tag und Nacht, um Lotsen für die jeweiligen Reviere an einkommende Schiffe abzugeben. Lotsenschoner wurden an der deutschen Nordseeküste erstmals 1855/56 an der Elbe mit zwei in England gebauten Exemplaren eingeführt, die damit die bislang gebräuchlichen Lotsenkutter und -galioten ablösten. Insgesamt hat es an der deutschen Nordseeküste zwischen 1855 und 1952 41 Lotsenschoner gegeben, und zwar 35 hölzerne, fünf stählerne und einen Kompositbau. Davon gehörten zur Elbe: elf hölzerne und ein stählerner (1855-1936), zur Weser: 16 hölzerne und drei stählerne (1857-1944), zur Ems: sieben hölzerne und ein stählerner (1959-1922), und zur Jade: je ein hölzerner und ein Kompositbau (1866-1919).
Den Auftrag zum Bau eines Lotsenschoner zu bekommen, galt für jeden Schiffbauer als besondere Auszeichnung, setzte die Vergabe doch unbeschränktes Vertrauen zur Leistungsfähigkeit der Bauwerft voraus. An Entwurf, Bauausführung, Material und Ausrüstung wurden höchste Ansprüche gestellt und nicht umsonst galten diese Fahrzeuge als die vollkommensten Schöpfungen der Schiffbaukunst. Da sie frei bleiben konnten von den Zwängen des Frachtschiffbaus, war die Unterwasserform extrem scharf mit kräftig aufkimmendem Boden. Ebenso besaßen Vor- und Achterschiff Linien von großer Schärfe mit konkav verlaufender Form. Der Vorsteven stand wie bei den Loggern und Kuttern meist senkrecht auf dem Kiel, nur selten wurde die Klipperform gewählt, während der Rudersteven ausgeprägten achterlichen Fall aufwies. Das Heck war leicht überhängend und rund, der Ruderschaft fuhr durch einen Koker, gesteuert wurde mit einer Pinne. Das in kräftigem Sprung gehaltene Deck war in voller Länge durch eine feste Reling geschützt. Hier standen beidseitig unter eisernen Schwingdavits die Versetzboote. Das gesamte glatte Deck war frei von störenden Aufbauten, abgesehen von kleineren Niedergängen und Oberlichtern. Sie bestanden vollständig aus Eichenholz erster Qualität, waren mit Kupferbolzen verzimmert und unter Wasser mit Kupfer beschlagen. Für Deck und Spieren verwendete man Pitchpine. Unter Deck war mittschiffs für die Lotsen eine größere Kajüte mit dem entsprechenden Niedergang zum Deck eingerichtet. Achtern befanden sich die Kammer des Schiffers und die Segellast. Vor der Lotsenkajüte lagen das Mannschaftslogis und davor die Kombüse mit einem zweiten Niedergang. Die Standardbesegelung bestand außer den beiden Gaffelsegeln wegen der fehlenden Vorstenge nur aus dem Großgaffeltoppsegel, der Stagfock und zwei Klüvern.
(H. Karting)
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